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30 Jahre, die die Weinwelt auf den Kopf stellten

30 Jahre, die die Weinwelt auf den Kopf stellten

Klingers spitze Zunge

Willi Klingers spitze Zunge grau breit

Als WEIN & CO im Oktober 1993 mit der Eröffnung der ersten sechs Filialen eine Revolution im Weinhandel auslöste, war Österreichs Weinwirtschaft noch dabei, sich von den desaströsen Folgen des Weinskandals aufzurappeln. Der unverschuldete Zusammenbruch von Lenz Moser oder die Ächtung und Auslistung aller österreichischen Weine in allen Exportmärkten steckten der gesamten Branche noch immer in den Knochen. Aber man spürte bereits von immer mehr Spitzenwinzern getragene Aufbruchsstimmung, die dafür sorgte, dass der Österreichische Wein in den 90er Jahren aus dem Desaster wieder aufstieg wie der Phönix aus der Asche. Und so setzte sich nach und nach der heute weit verbreitete Gründungsmythos durch, dass der Glykolskandal für unseren Wein letztlich ein Segen war.

Beim Weißwein war es die Veltliner- und Rieslingelite, die das Weinland Österreich insgesamt rehabilitierte. Ihre Weine und sogar einige Chardonnays/Morillons konnten bei mehreren hochkarätig besetzten Verkostungen wie dem London Tasting 2002 die Weltelite – Burgund inklusive – deklassieren. Die allerhöchsten Punkte bei Parker & Co erzielten aber die Trockenbeerenauslesen von Luis Kracher. Man müsste ihm posthum noch einen Orden dafür verleihen, dass er die legendäre „Wachau-Mafia“ (F.X. Pichler, Hirtzberger, Prager und Knoll) und eine Reihe anderer Kollegen mit in die große weite Welt nahm. Seit seinem viel zu frühen Tod im Jahr 2007 führt Sohn Gerhard dieses Werk auf eindrucksvolle Weise fort. Der neueste Coup: Kracher-Weine notieren seit dem Jahrgang 2019 an der Place de Bordeaux und erobern für den österreichischen Wein Märkte, die bis heute unerschlossen blieben, zum Beispiel Indien, Afrika oder Südamerika.

Zu den bedeutendsten Entwicklungen in den 30 Jahren seit es WEIN & CO gibt, zählt für mich die Ökologisierung der Weinwirtschaft. Waren die 70er und 80er Jahre noch geprägt vom Mengendenken und dem damit verbundenen massiven Einsatz von Kunstdünger und Pestiziden, zählt das Weinland Österreich heute zu den Vorbildern beim umwelt- und ressourcenschonenden Weinbau. Der Bioweinbau bekam mit der Gründung der Gruppe respekt-BIODYN 2007 einen gewaltigen Schub, der dazu führte, dass Vorurteile gegen Bioweine auf breiter Front abgebaut wurden. Der Umstieg ging nicht immer friktionsfrei ab, aber heute zählen etwa die biodynamischen Veltliner von Bernhard Ott zum Besten, was die Sorte zu liefern im Stande ist.

Zu den markantesten Phänomenen gehört auch der Aufstieg des steirischen Weins, der im deutschen Sprachraum so erfolgreich war, dass seine Anbaufläche in den drei Jahrzehnten seit 1993 massiv gestiegen ist.

30 Jahre WEIN & CO legen auch Zeugnis ab vom raketenhaften Aufstieg des österreichischen Rotweins. In den 90er Jahren drehte sich alles um Bordeaux. Cabernet und Merlot schienen das Nonplusultra genauso wie der Ausbau der Weine in neuen 225-Liter-Barriquefässern aus französischer Eiche. Und die Cuvées mit französischen und teils heimischen Sorten galten als der letzte Schrei. Ihre kreativen Namen aus fremden Sprachen wurden Kult: Das Phantom, Quattro, Big John, Comondor, Bela Rex, Elegy, Rêve de Jeunesse, Perwolff, und so fort.

WEIN & CO machte sich durch den Aufkauf eines pleitegegangenen Händlers auch einen Namen im Bordeaux-Geschäft. Aber dann kam mit dem Film „Sideways“ (2004) ein Plädoyer für den Pinot Noir anstelle von Merlot und Cabernet. Heute gehen gerade deswegen die Preise für die großen Namen in Burgund durch die Decke. WEIN & CO reagiert darauf mit dem sicher spannendsten Sortiment des Landes von weniger bekannten aber fantastischen und dabei leistbaren Burgundern.

Österreichs Rotwein ist heutzutage an zwei Fronten erfolgreich: als geschmeidige Antwort auf die zu großen Stückzahlen fähige Rotweintechnik der sogenannten Neuen Welt, verbunden mit dem Namen des Leaders dieser Gruppe, Scheiblhofer in Andau. Auf der anderen Seite und in einem ganz anderen Marktsegment positionieren sich die Erzeuger mit betont puristischen Weinen, wo der Blaufränkisch die führende Rolle spielt. Dass manche darunter früher auch mit dunklen Blockbustern ihre Marke aufgebaut haben, wird heute oft vergessen. Einen der teuersten, rarsten und in seiner Power durchaus „New Worldish“ anmutenden Rotweine des Landes machen die sogenannten Wild Boys of Club Bâtonnage, die individuell ganz unterschiedliche Philosophien verfolgen. Aber dass Leute wie Christian Tschida und Markus Altenburger mit Gerhard Kracher, Florian Geyer und Erich Scheiblhofer erfolgreich zusammenarbeiten, zeigt eine der Hauptstärken der österreichischen Seele.

Es wäre kein stolzes Jubiläum, würde man dabei nicht auch den Geist Österreichs in Form seiner besten Schnapsbrenner anrufen. Was die Elite unserer Destillateure von Gölles bis Reisetbauer in den letzten dreißig Jahren an den Tag gelegt hat, kann mit Fug und Recht als Weltklasse beschrieben werden. Sie hat das Wort „Schnaps“, das vor 1993 eher nach „Fusel“ roch, eindrucksvoll rehabilitiert. Eine ähnliche Therapie ist auch für das Wort „Sekt“ im Gange, seit Winzer wie Willi Bründlmayer und Gerald Malat 1989 die neue Welle der selbstversektenden Winzer ausgelöst haben, bei denen heute auch biodynamisch arbeitende Produzenten wie Fred Loimer Maßstäbe setzen. Zwischen dem Megatrend Prosecco – bei dem WEIN & CO wahrscheinlich das beste Sortiment Österreichs hat – und König Champagner – wo es uns um die wahre Qualität in der Flasche und kleinere Häuser geht, findet Österreichs Sekt seine ganz eigene Position weit über der Massenproduktion und den Preisschlachten im Billigsegment der Supermärkte und Discounter.

So geht auch WEIN & CO mit seiner kompromisslosen Qualitätsstrategie ins vierte Jahrzehnt, immer wach und innovativ, denn der Wein ist ein Kind seiner Zeit!

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von Willi Klinger