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Die Champagne brodelt

Die Champagne brodelt

Klingers spitze Zunge

Willi Klingers spitze Zunge grau breit

Die Kleinen zwingen die Großen zum Umdenken

Die Champagne ist das erfolgreichste Weinbaugebiet der Welt. Nirgendwo sonst ist die Produktionskette derart umfassend und zum Vorteil aller Teilnehmer – von der Traubenproduktion bis zur Vermarktung – geregelt wie dort. Die Traubenpreise werden jedes Jahr nach einer klar definierten Skala vom branchenübergreifenden Comité Champagne festgelegt, das auch die Höchstliefermenge je nach Marktlage und vorhandenen Reservebeständen errechnet.

Das Comité Champagne versteht sich selbst als Instrument des wirtschaftlichen Fortschritts. Es zielt darauf ab, die Winzer und die Champagne-Häuser in eine partnerschaftliche Beziehung zueinander zu bringen. Es geht dabei immerhin um über 16 000 Winzer, 130 Genossenschaften und 370 Champagne-Häuser. Kritiker halten dieses ausgefuchste System für ein aufgelegtes Kartell. Die EU-Wettbewerbshüter nehmen es hin, und das ist gut so. Es sichert Wohlstand für das Gebiet und hohe Qualität für den Markt.

Dass der Champagner in der ganzen Welt zum gefragtesten Schaumwein wurde, ist das Verdienst der berühmten Häuser mit der Gruppe Moët Hennessy an der Spitze, die mehr als ein Drittel des gesamten Champagnerumsatzes von 6, 4 Milliarden Euro (2023) macht. Kleine Häuser und Winzerchampagner waren vor dem 2. Weltkrieg vom Aussterben bedroht, konnten sich aber während der Wirtschaftswunderjahre „Trente Glorieuses“ von 1945–1975 mit einem ersten Comeback zurückmelden.

Einer der Pioniere unter den „Récoltants Manipulants“, die Champagner nur aus eigenen Weinbergen erzeugen, war Henri Goutorbe (1922–2009), den ich 1979 auf einer Studienreise des Instituts für Romanistik der Uni Salzburg kennengelernt hatte, als er Bürgermeister der für feinsten Pinot berühmten Gemeinde Aÿ-Champagne war und mit seinen herrlich geschmeidigen, süffigen Cuvées aus besten Grand-Cru Lagen den Elysée-Palast unter Valéry Giscard d‘Estaing belieferte. Dass die Weingärten dieses zweifach nachhaltig zertifizierten Weinguts gesund und bestens gepflegt sind, ist auch nicht verwunderlich, weil die Familie seit vier Generationen auch eine der besten Rebschulen der Champagne besitzt. Kein Schaumwein hatte mir je so geschmeckt, darum fuhr ich gleich nach Österreichs EU-Beitritt 1995, als die Importkontingentierung fiel, mit dem unvergesslichen Sommelier Charly Seiser in die Champagne und holte die Marke zu WEIN & CO, wo sie bis heute nicht zuletzt wegen ihres konkurrenzlosen Preis-Leistungs-Verhältnisses immer neue Fans gewinnt.

Damals fixierten wir auch die Vertretung von Duval-Leroy, ein mittelgroßes Haus im Familienbesitz mit 200 ha eigenen Weingärten an der Côte des Blancs, das mit seinem finessenreichen, vom Chardonnay geprägten Stil bis heute die perfekte Ergänzung zum Pinot-geprägten Charakter von Goutorbe darstellt. Die charismatische Seniorchefin Carol Duval war die erste Frau an der Spitze des Weinbauernverbands der Champagne und produzierte auch den ersten Bio-Champagner überhaupt, der heute noch im Programm ist. Diese beiden individuellen Häuser sind seither das Rückgrat des Champagner Sortiments von WEIN & CO abseits des Supermarkt-Angebots.

Unsere Neuentdeckung des Jahres in diesem Segment ist Legras & Haas aus Chouilly, dem nördlichsten Grand-Cru-Ort der Côte de Blancs. Das leidenschaftliche Winzerehepaar François Legras und Brigitte Haas gründete das Champagnerhaus im Jahr 1991. Während François einer altehrwürdigen Familie von Weinbauern mit 400-jähriger Tradition entstammt, kam Brigitte erst in den 60er Jahren in die Champagne und verliebte sich in Land und Leute. Heute wird der Familienbetrieb in zweiter Generation von ihren drei Söhnen Rémi, Olivier und Jérôme geleitet. Besonders geschätzt werden die Champagner von Legras & Haas für ihre feine Balance von fruchtiger Intensität und kreidig-salziger Mineralik, bei der sich Fülle und Geschmeidigkeit wunderbar mit Frische und Länge verbinden.

Die großen Marken der Champagne von Moët bis Veuve Clicquot eilten auch nach der Jahrtausendwende von Erfolg zu Erfolg, aber noch immer ohne Rücksicht auf die Umwelt. Die industrialisierte Landwirtschaft verstand den Boden nur als Unterlage und nicht als lebendigen Mikrokosmos. In ihrem viel beachteten Weinbuch The Battle for Wine & Love – Or How I saved the World from Parkerization legte 2009 Alice Feiring als Newcomer-Weinautorin mit starkem ökologischem Fokus den Finger in die klaffende Wunde des Gebiets. Noch immer waren viele Weingärten ausgelaugt von Überproduktion und belastet durch den hohen Pestizideinsatz.

Doch seither ist in der Champagne der Teufel los. In seinem neuen Buch „The New French Wine“ schildert der brillante Jon Bonné die „brodelnde Revolution“, die dazu führe, dass „viele Weinprofis und Kenner der Meinung sind, dass die früher in Massen erzeugten Markenchampagner der Vergangenheit angehören, und dass exquisite Weine kleinerer Betriebe zumindest in qualitativer Hinsicht die Zukunft der Champagne sind.“

Selbstvermarktende, nachhaltig arbeitende Winzer, aber auch sogenannte Micro-Négociants wie unser Jean-Benoît Héry, die handgelesene Trauben von befreundeten Kleinerzeugern mit guten Lagen verarbeiten, liegen heute bis Amerika und Asien im Trend. Importeure mit dutzenden neuen Namen abseits der großen Marken belieferten auf einmal auch die angesagtesten Weinbars und Gourmettempel und setzten die großen Häuser mächtig unter Zugzwang.

Die großen Häuser betonen traditionell die gleichbleibende hohe Qualität ihrer Champagner, die durch die Kunst der Assemblage, des Verschnitts der verschiedenen Grundweine entsteht. Die kleinen Winzer verstehen ihre Champagner mehr als Ausdruck ihres spezifischen Terroirs, ihr Zugang ist eher burgundisch. Dazu kommt, dass durch den Klimawandel die Karten neu gemischt werden und früher als Außenseiter betrachtete Gebiete wie die Côtes des Bar im Département Aube, 150 km südlich von Épernay, plötzlich ins Rampenlicht treten. Bei den ersten Abgrenzungen des Produktionsgebietes 1908 und 1911 wurden diese Gebiete nicht berücksichtigt. Es kam zum Aufstand und das Militär musste in Troyes, der alten Hauptstadt der Champagne, einrücken. Erst 1927 kamen die Gebiete der Aube schließlich definitiv dazu.

Heute ist Cédric Bouchard der Superstar der Gegend. Eine Flasche seiner Roses de Jeanne zu bekommen, die er auf nur 2,5 ha erzeugt, ist wie die Suche nach der Nadel im Haufen. Unsere Lieblingsadresse ist die Familie Moutard Père & Fils, eine Sippe bodenständiger Hedonisten, die auch Einzellagen-Champagner erzeugt und mit der „Cuvée des 6 Cépages“ mit den zugelassenen, aber für Champagne selten verwendeten Rebsorten Arbane, Pinot Blanc und Petit Meslier eine echte Rarität im Talon hat.

Ein Musterbeispiel für die neue Power der kompromisslosen biodynamischen Winzer ist die Familie Lelarge-Pugeot, eine 9 Hektar kleine Domäne in Vrigny unmittelbar westlich von Reims. Tochter Clémence Lelarge repräsentiert bereits die achte Generation, die hier in einer Hochburg des Pinot Meunier seit 1799 Weinbau betreibt. Seit 10 Jahren ist der Betrieb am Fuß der Montagne de Reims bio-organisch und seit 2017 auch biodynamisch nach Demeter zertifiziert. Der Stil der Weine ist Extra Brut bis Brut Nature: alles glasklar und knackig frisch!

Das steigende Umweltbewusstsein ließ auch bei den großen Häusern die Alarmglocken läuten. Das erste der großen Champagnerhäuser, das das Nachhaltigkeitssiegel HVE (Haute Valeur Environnementale) erlangte, war Bollinger. Um die Artenvielfalt in den Rebbergen zu erhöhen, pflanzt Bollinger Hecken und Obstgärten. Auch Ruinart ist auf diese Weise aktiv und pflanzte gemeinsam mit der auf Renaturierung spezialisierten Agentur Reforest’Action zwischen 2021 und 2022 fast 25.000 Bäume und Sträucher in der Weinberglage Taissy, um die Biodiversität in der Region zu fördern. Der Konzern LVMH, zu dem neben Ruinart noch die Top-Champagnermarken Dom Pérignon, Moët & Chandon, Veuve Clicquot und Krug gehören, hat sich öffentlich für Nachhaltigkeit stark gemacht. Die Marketingstrategen der Giganten erkennen eben jeden Trend und nützen ihn. Sie hatten vielleicht auch schon ein schlechtes Gewissen. Immerhin findet die Champagne so wieder ihre Seele. Aber das Feld dafür aufbereitet haben die Kleinen.

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von Willi Klinger